Gestern haben wir euch die ersten Eindrücke von fünf Kollegen geschildert, die vergangene Woche die re:publica 2015 besucht haben. Heute wollen wir euch weitere Impressionen vorstellen. Dabei wird eines deutlich: "Die" re:publica gibt es nicht, sondern jeder Besucher erlebt seine ganz eigene Konferenz.
Momentan kann man dabei zusehen, wie klassische Medien und Internet zusammenwachsen. Auch der re:publica-Besucher konnte durch die Kooperation mit der media convention live dabei sein, wie alte Medienpolitikhasen und junge Wilde ziemlich dicht zusammenrücken. Während auf der einen Bühne Intendanten, Staatssekretärinnen und Professoren die Medienwelt vermessen, erklärt auf der nächsten ein Student mit 2,5 Millionen Abonnenten, wie man mit Videos auf YouTube Geld verdienen kann. Und noch zwei Bühnen weiter erläutert ein Korrespondent der ARD den Netzbewohnern wie (Netz-)Politik in Brüssel funktioniert. Und dann ist da noch Reed Hastings. Als CEO von Netflix ist er das beste Beispiel dafür, dass es noch immer möglich ist, mit einer cleveren Idee für einen Internetdienst die klassischen Medienmärkte gehörig umzukrempeln.
Wer – wie ich – das erste Mal die re:publica besucht, ist zunächst einmal überwältigt von dem Informationsangebot aus den verschiedensten Themenbereichen: Es geht nicht nur um Innovationen im Internet, sondern auch um städteplanerische Avantgarde, um kulturelle Events oder Mode-Trends und um Überlegungen zu Politik und Gesellschaft: Wie wollen wir unser Zusammenleben künftig gestalten, wie wollen wir Ressourcen gerecht verteilen? In seinem Vortrag „Die besten Geheimtipps aus dem Internet“ ging taz-Journalist Michael Brake hart mit dem neuen E-Commerce-Trend „Click and Collect“ ins Gericht, also zu Hause am Computer die Waren aussuchen und sie sich dann im stationären Handel abholen. Man könne die Sachen vorher nicht anfassen und ausprobieren, sie würden aber auch nicht nach Hause geliefert. „Also das Schlechteste aus zwei Welten“, brachte es Brake auf den Punkt. Mit zu den größten Enttäuschungen der rp15 zählte für mich der Auftritt von „Pussy Riot“. Entweder wollten oder konnten die russischen Punk-Aktivistinnen nichts sagen – oder sie hatten schlichtweg keine Lust dazu. Nach einer geschlagenen halben Stunde habe ich die Veranstaltung verlassen: zu viele Banalitäten und Unsinniges.
Meiner Meinung nach war das Highlight der re:pulica die Konferenz an sich. Eine bestimmte Session möchte ich gar nicht groß hervorheben. Es gab zwar ein paar spannende Vorträge und Diskussionen, diese waren aber maßlos überfüllt, wie etwa die „Vermessung der Medienwelt“. Wenn man nicht zeitig vor Beginn einen Stuhl ergattern konnte, oder wenigstens einen Stehplatz mit Sicht auf die Bühne, dann hat man schnell die Lust verloren. Interessante Inhalte und Gespräche habe ich dennoch mit zurück nach Hause genommen. Außerhalb der Sessions hatte die #rp15 eher etwas von einem Festival, als von einer Konferenz. Bei dem guten Wetter haben sich die Leute im Innenhof in die Sonne gesetzt und sich unterhalten – also perfekt zum Netzwerken und Socializen. Ich hatte die Gelegenheit vor Ort alte Bekannte wieder zu treffen und neue Leute kennen zu lernen. Die Republica wird von den Besuchern gerne mal als Klassentreffen bezeichnet… jetzt weiß ich auch warum.
Und – Europa verstanden? Eine berechtigte Frage. Das Motto der diesjährigen re:publica mit „Finding Europe“ zeigte deshalb auch die politische Vorhaben auf. Natürlich spielen deutsche Vorhaben eine wichtige Rolle, um unsere digitale Zukunft zu gestalten. Ein Ausschuss „Digitale Agenda“ im Bundestag und drei federführende Ministerien prägen den politischen Alltag zur Netzpolitik. Nichtsdestotrotz, politische Fakten werden mehr und mehr in Brüssel geschaffen – egal ob Netzneutralität, Geoblocking oder Urheberecht. „Brüssel? EU? Ich weiß nicht mal was die hier in Deutschland treiben!“ Wenn so oder so ähnlich der erste Gedanke zur Politik in Europa aussieht, kann ein #rp15 Talk Abhilfe schaffen. Der ARD-Korrespondent Christian Feld erklärte, welche Regeln in Brüssel gelten und welche Akteure und Institutionen wichtig sind. Der Talk verspricht ein paar nette Geschichten und im besten Fall ein besseres Verständnis der EU-Politik. Wer sich im „Brüsseler Dschungel“ bereits ein wenig besser auskennt sei die Debatte „Finding a European Way on Internet Governance“ ans Herz gelegt. Wie die Diskussionen zwischen den EU-Institutionen vielleicht aussehen, kann hier im Kleinen nachverfolgt werden.
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