Seit 2006 treffen sich jährlich Vertreter verschiedener Regierungen, internationaler Organisationen, der Zivilgesellschaft und der Privatwirtschaft zum Austausch über Themen der Internet Governance. Zur Vorbereitung dieser Konferenzen dienen Foren auf nationaler oder zum Beispiel auch Europäischer Ebene. Am 11. Juni 2014 fand das diesjährige deutsche Internet Governance Forum in der am selben Tag eröffneten Factory in Berlin statt.

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Jannis Gilde
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Was steckt hinter dem Internet Governance Forum?

Hinter dem etwas sperrigen Begriff "Internet Governance" versteckt sich ein Prozess, der einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die zukünftige Ausgestaltung des Internet hat. Im Rahmen eines Multi-Stakeholder-Ansatzes diskutieren im Internet Governance Forum Vertreter von Staaten, internationalen Organisationen, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft über aktuelle Problemfelder des Internets. Hinter diesem Prozess steht das Ziel gemeinsame Regeln, Prinzipien und Entscheidungsprozesse für die Weiterentwicklung und Nutzung des Internets zu finden.

Dabei dient das UN-mandatierte Internet Governance Forum als beratendes Gremium zum Austausch von Meinungen verschiedener Stakeholder. Im deutschen Internet Governance Forum sollen durch den Dialog Debatten, Argumente und Empfehlungen entstehen, die dann in den europäischen Initiativen und im globalen Forum präsentiert werden.

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Der brasilianische Fahrplan für die Zukunft des Internets

Am 23. und 24. April dieses Jahres trafen sich in São Paulo Vertreter von Staaten, der Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft auf Einladung der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff zu einer internationalen Konferenz über die zukünftige Ausgestaltung des Internets.

Eine Bewertung inwiefern die „NETmundial“-Konferenz erfolgreich und als Vorbild für zukünftige Veranstaltungen dienen kann, versuchten nun in Deutschland unter anderem Dirk Brengelmann, der Sonderbeauftragte für Cyber-Außenpolitik beim Auswärtigen Amt, Prof. Dr. Jeanette Hofmann, die Co-Direktorin des HIIG in Berlin und Co-Chair für die Zivilgesellschaft bei der „NETmundial“-Konferenz, und Jean-Jacques Sahel, der Vizepräsident Europa von ICANN, vorzunehmen.

Sahel sieht in der erfolgreichen Nutzung des Multi-Stakeholder-Ansatzes während der Konferenz einen Meilenstein in der Organisation von Debatten über die Zukunft des Internets. Eine spannende Diskussion zwischen den Panelteilnehmern und dem Publikum eröffnete sich über die Implikationen durch technologische Innovationen auf die Politik. Während sich Innovationen und neue Geschäftsmodelle im und durch das Internet immer schneller und globaler entwickeln, benötigt die politische Regulierung in den gleichen Feldern deutlich mehr Zeit und ist gleichzeitig auch noch national fragmentiert. Ob da gerade zeitintensive Multi-Stakeholder-Prozesse sinnvoll sind, um politische Entscheidungen herbeizuführen, wurde von einigen Anwesenden aber auch bezweifelt.

 Staatliche Überwachung im Internet

Das in den letzten Monaten wohl präsenteste Thema in der Debatte um die Zukunft des Internets sind sicherlich die Folgen durch die Enthüllungen durch Edward Snowden. In zwei kurzen Präsentationen stellten Prof. Milton Mueller von der Syracuse University und Avri Doria, Technik-Forscherin in der IETF ihre Überlegungen zum Thema Netzsicherheit vor. Avri Doria wies insbesondere daraufhin, dass es heute schon viele Möglichkeiten zum individuellen Schutz der Privatsphäre im Internet gibt, aber vielen Nutzern das entsprechende Wissen dazu fehlt. In der anschließenden Diskussion, die Dr. Annegret Bendiek von der Stiftung Wissenschaft und Politik und Dr. John Laprise von der Northwestern University Qatar auf dem Podium ergänzten, wurden weitere Debatten der letzten Monate aufgegriffen. Annegret Bendiek warnte vor den Gefahren einer Nationalisierung des Internets als Lösung gegen Überwachung. Während John Laprise Zweifel an der scheinbaren Überraschung vieler Staaten über die Überwachung durch verschiedene Geheimdienste anmeldete. Wichtig war aber allen Panelteilnehmern zu betonen, dass Internetnutzer gewisse Kompetenzen erlernen sollten, um sich selbst vor Überwachung zu schützen.

Die digitale Agenda

Schon am Vormittag hatte Stefan Kapferer, Staatssekretär aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, die Pläne der Bundesregierung zur Digitalen Agenda skizziert. Zum Abschluss des Tages sollte hierzu noch einmal die Perspektive des Parlaments aufgezeigt werden. Das Panel, besetzt mit den Mitgliedern des Ausschusses Digitale Agenda Thomas Jarzombek (CDU), Konstantin von Notz (Bündnis90/Die Grünen) und Halina Wawzyniak (Die Linke), diskutierte über die Gründung und Konzeption des eigenen Ausschusses, die Aufklärung des NSA-Skandals und den allgemeinen Umgang mit Daten. Gerade bei der Diskussion über Datenschutz zeigten sich Unterschiede zwischen den Vertretern der verschiedenen Parteien. Thomas Jarzombek hob die wirtschaftlichen Chancen in der digitalen Welt hervor, forderte einen offeneren Umgang mit den Möglichkeiten durch die intelligente Nutzung von Daten und warnte vor zu strengen innovationsfeindlichen Datenschutzregeln. Das strengere Datenschutzregeln aber auch ein Standortvorteil für Unternehmen in vielen Branchen sein können, entgegnete Konstantin von Notz.

Die lebhafte Diskussion zwischen den drei Abgeordneten war ein gelungener Abschluss eines Tages, der einem Parforceritt durch die verschiedenen Aspekte der Internet Governance glich.

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