Auch in der neuen Legislaturperiode setzen wir im 1&1 Blog unsere lose Folge von Interviews mit netzpolitisch Aktiven der verschiedenen Parteien fort. Nach Manuel Höferlin, Lars Klingbeil, Michael Kretschmer, Dorothee Bär, Tabea Rößner und Andreas Nick sprechen wir heute mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Fechner.

Dr. Johannes Fechner, MdB, im 1&1-Rechenzentrum in Karlsruhe

Dr. Johannes Fechner, MdB, und Andreas Maurer, 1&1, im 1&1-Rechenzentrum in Karlsruhe

Herr Fechner, Sie sind seit September 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages - also eines der frischen Gesichter im Parlament. Was sind die prägendsten Eindrücke nach einem knappen halben Jahr Politikbetrieb in Berlin?

Ich hatte in Berlin einen sehr guten Start wobei das wichtigste war, engagierte Mitarbeiter zu finden, die sich insbesondere im Berliner Politikbetrieb schon auskennen. Ansonsten läuft der Politikbetrieb eigentlich wie erwartet. Meine Fraktion und die Bundestagsverwaltung haben mir den Start mit vielen Hilfestellungen und Informationsveranstaltungen sehr erleichtert.

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Mario Rehse
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Sie sind unter anderem Mitglied im Rechtsausschuss und stellvertretendes Mitglied im Innenausschuss des Bundestages. Damit dürfte Sie die sog. Vorratsdatenspeicherung schon bald in doppelter Rolle beschäftigen. In der SPD gibt es hierzu unterschiedliche Meinungen – wie bewerten Sie das Instrument?

Unter den engen Voraussetzungen wie im Koaltitionsvertrag vorgesehen, halte ich die Vorratsdatenspeicherung für ein sinnvolles Ermittlungsmittel. Ich hätte gerne gewusst, mit wem etwa die Terroristin Zschäpe telefonischen Kontakt hatte, weil wir dann relativ einfach das gesamte braune Terrornetzwerk hätten ausheben können. Anders als es die aus meiner Sicht völlig überzogene EU- Richtlinie empfiehlt, muss die Vorratsdatenspeicherung auf drei Monate beschränkt sein. Die Daten dürfen nur nach einer richterlichen Entscheidung offengelegt werden und dies auch nur für Ermittlungen in schwersten Straftaten wie Mord. Anders als in der EU-Richtlinie muss auch klargestellt sein, dass nicht irgendwelche Behörden, sondern nur Staatsanwaltschaft und Polizei und dies auch nur nach richterlicher Genehmigung Zugriff auf die Daten haben dürfen. Wichtig ist mir, dass nicht Gesprächsinhalte oder E-Mail-Inhalte gespeichert werden, sondern nur die Verbindungsdaten. Man sollte nach drei Jahren prüfen, ob das Mittel der Vorratsdatenspeicherung den gewünschten Effekt hatte. Dabei sollte genau unterschieden werden zwischen Telefonverbindungen und Internetverbindungen.

Eine weitere rechts- und netzpolitische Dauerbaustelle dürften die Konsequenzen aus den Snowden-Enthüllungen werden. Ihr Fraktionskollege Michael Hartmann will die „Gegenspionage“ verbessern und amerikanische Firmen von Staatsaufträgen für Kommunikationstechnik ausschließen? Welche politischen Handlungsoptionen sehen Sie?

Sensible Aufträge dürfen nicht an Firmen aus Ländern vergeben werden, bei denen damit zu rechnen ist, dass sensible Daten an die Geheimdienste weitergeben  werden. Das einfachste wäre es, wenn wir mit den Amerikanern ein No-Spy-Abkommen getroffen hätten, bei dem sich die Amerikaner dazu verpflichten, uns als Partnerland nicht auszuspähen. Dass die Amerikaner dies nicht tun und sogar weiterhin das Kanzlerhandy ausspähen wollen, entsetzt mich bis heute. Dies wird selbstverständlich Folgen haben für die weitere Zusammenarbeit, etwa wenn es darum geht, ein Freihandelsabkommen abzuschließen. Dessen Abschluss sehe ich mehr als skeptisch.

Als Abgeordneter aus einem Flächenland gehört fast zwangsläufig auch der Breitbandausbau zu Ihren Themen. Die SPD hatte ja eine sog. Universaldienstverpflichtung bevorzugt, sich damit aber in den Koalitionsverhandlungen nicht durchgesetzt. Was muss stattdessen nun aus Ihrer Sicht getan werden?

Die Universaldienstverpflichtung haben wir in der Tat nicht durchsetzen können, wir haben sie aber ins Hausaufgabenheft für 2017 notiert. Ich hätte mir auch gewünscht, dass eine stärkere finanzielle Unterstützung des Bundes für den Breitbandausbau eingerichtet wird, leider konnten wir uns auch hier nicht durchsetzen. Somit haben wir leider die Situation, dass allzu oft die Gemeinden und Kreise diese wichtige Aufgabe des Breitbandausbaus bezahlen müssen, obwohl sie hierfür eigentlich nicht zuständig sind. Bei der derzeitigen Mehrheitskonstellation sehe ich leider keine Mehrheiten im  Bundestag, den Breitbandausbau finanziell stärker zu fördern oder die Universaldienstverpflichtung durchzusetzen.

An Datenschutz und Telekommunikations-Politik sieht man es ganz aktuell: auch in der Netzpolitik sollen immer mehr Gebiete einheitlich durch Verordnung  in Brüssel geregelt werden. Der Deutsche Bundestag verliert Stück für Stück an Gestaltungsspielraum. Wie gehen Sie als deutscher Parlamentarier damit um?

Ich halte es für sinnvoll, dass wir nationalstaatliche Regelungen in Europa vereinheitlichen und diese europaweit gelten. Ich will aber nicht, dass dies dazu führt, dass europaweit niedrige Datenschutzstandards gelten, vielmehr sollten die Bürgerrechte auf hohem Niveau geschützt werden.

Zur Person:

Dr. Johannes Fechner ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. Der Rechtsanwalt ist für die SPD unter anderem Mitglied im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz und stellvertretendes Mitglied im Innenausschuss.

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