Nur unter Auflagen machen das  US-amerikanische Justizministerium (DoJ) und das Bundeskartellamt den Weg frei für den Verkauf von 882 Novell-Patenten durch das CPTN-Konsortium, das von Microsoft, Apple, Oracle und EMC für diesen Zweck gebildet wurde. Verkaufsvolumen des Patent-Deals: 450 Millionen Dollar. Die betreffenden  „Patente beziehen sich unter anderem auf das Betriebssystem ‚Linux’“, so das Bundeskartellamt. Nicht umsonst hatten Open-Source-Organisationen massive Bedenken gegen den Deal geäußert: So trug die OSI (Open Source Initiative) ihre Sorge vor, Unternehmen des Konsortiums könnten Patente des Portfolios als Waffen gegen Open Source Software einsetzen. Die Wettbewerbshüter haben mitgeteilt, dass aufgrund ihrer wettbewerblichen Bedenken sich das CPTN-Konsortium und Novell zu entsprechenden vertraglichen Änderungen veranlasst sahen.

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Harald Talarczyk
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Was können wir daraus lernen? Geschäfte, bei denen Unternehmen in großem Umfang Softwarepatente erwerben und diese Schutzrechte unter sich aufteilen wollen, können von offizieller Seite als wettbewerbsfeindlich angesehen werden: Im aktuellen Fall hat das Bundeskartellamt festgehalten, dass die Auflagen der Behörde mit den Bedenken zu tun haben, der CPTN/Novell-Deal könnte der Umsetzung von „FUD-Strategien (‚Fear, Uncertainty, Doubt’)“ gegenüber „kleineren Wettbewerbern“ (…) „mit Hilfe von Patentklagen“ Vorschub leisten. Auf genau diesen Punkt hätten „zahlreiche Beschwerden, insbesondere aus der Open Source Community“ hingewiesen.

Die Behörde führt weiter aus: „Microsoft verkauft seinen zukünftigen Anteil an den Patenten vorab an Attachmate. EMC reduzierte seinen Anteil an den Patenten um solche, die auf dem Markt für Virtualisierungssoftware relevant erschienen. Diese Verpflichtungen, wie auch weitere vertragliche Änderungen zur Offenhaltung der Novell-Patente für Open-Source-Anbieter, räumten die wettbewerblichen Bedenken auf den als kritisch identifizierten Märkten aus. Dies erlaubte dem Bundeskartellamt und der amerikanischen Wettbewerbsbehörde die Freigabe der Gründung von CPTN und deren Erwerb der Patente von Novell“, so das Bundeskartellamt. Wichtigste Änderung für Open-Source-Entwickler: Die betreffenden Novell-Patente sollen laut DoJ der GNU General Public License, Version 2, sowie der Open Invention Network (OIN) License unterstehen. Allerdings fehlen noch Details, wie genau diese Vertragsänderungen formuliert und gemeint sind: „Es bleibt im Dunkeln, wie das Standard License Agreement der OPEN INVENTION NETWORK, LLC auf die gegebenenfalls betroffenen Patente angewendet werden soll. Da Novell dort bisher als Lizenznehmer geführt wird, ist fraglich, inwieweit hier eine Statusänderung herbeigeführt werden soll. Zum jetzigen Zeitpunkt ist daher keine Einschätzung des Vorgangs möglich, die Rechtsicherheit für die betroffene Softwarewirtschaft bieten könnte“, erläutert Rasmus Keller, auf die IT-Wirtschaft spezialisierter Rechtsanwalt der Kanzlei Schuster, Lentföhr & Partner GbR, Düsseldorf.

Auch wenn die Novell-Übernahme inzwischen abgeschlossen ist, scheint das allerletzte Wort ist in diesem Fall noch nicht gesprochen zu sein. So will das DoJ die Verteilung der Patente an die einzelnen Gesellschafter kontrollieren. Die Free Software Foundation Europe (FSFE) will Details der geänderten vertraglichen Bedingungen für den Verkauf der Novell-Patente nach Bekanntwerden genau prüfen. Es bleibt auch abzuwarten, welche in Europa geltenden oder angemeldeten Patente betroffen sind: „Aus den Registern des DPMA und des EPA ergibt sich, dass die Novell Inc. für eine erhebliche Anzahl europäischer Patente auf dem Gebiet der Software mit Wirkung für das deutsche Staatsgebiet als Inhaber geführt wird. Diese könnten auch von dem Verkauf von 882 Patenten und Patentanmeldungen der Novell Inc. umfasst sein“, so Rechtsanwalt Keller.

Harald Talarczyk ist Inhaber der auf Technik, Innovation und Patente spezialisierten Kommunikationsagentur authentikom und Kampagnenmanager des nosoftwarepatents-award, der von der 1&1 Internet AG unterstützten Informationskampagne zum Thema Softwarepatente.

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